13.12.2023 - EIFEL Gastgeber "Nostalgikum"

EIFEL Ausflugsziel in der neuen Ausgabe "Eifel - hautnah"

Foto (Stefan Lieser): EIFEL Gastgeber Portrait - "Nostalgikum" in der aktuellen Ausgabe - Eifel hautnah

Als das Fernsehen noch Schwarz-Weiß war

In der ehemaligen „Jungenschule“ von Uersfeld befindet sich seit 2011 das Nostalgikum.  Hier geht es um die Erinnerung an die „gute alte Zeit“: die Jahrzehnte der Nachkriegs- und Wirtschaftswunderjahre.  

War „damals“ wirklich vieles besser, oder doch nur vieles anders? Die Frage beschäftigt auch die Besuchergruppe aus Bernkastel-Kues an der Mittelmosel in der „Dorfkneipe“ des Nostalgikums in Uersfeld. Und Museumsführerin Christel Stenz tut alles, um die Diskussion im Museum vor den originalen Exponaten und Einrichtungen der Jahre zwischen 1945 bis circa 1970 in Gang zu halten. Die Antworten aber geben die Besucher und Besucherinnen schon selbst. Viele in der Gruppe von der Mittelmosel – eine Geburtstagsgesellschaft, die mit Kind und Kegel zum Tagesausflug ins Nostalgikum gekommen ist - sind Ü-60. Also geht es auch um ihre Kindheit und Jugend.

Dass es etwa „damals“ noch keine geregelte Müllabfuhr gab, dafür aber „wilde“ Müllkippen, und von „Naturschutz“ noch keine Rede war, vielleicht von Umweltverschmutzung. Und das Fernsehen war Schwarz-Weiß, Sendeschluss mit der Nationalhymne um Mitternacht. Nach dem Testbild war der Bildschirm krisselig grau. Anekdoten kann Jeder in der komplett eingerichteten Dorfkneipe im größten Raum des Hauses erzählen.

Tausende von kleinen und größeren Alltagsgegenständen, ganze Geschäfts- und Werkstatteinrichtungen füllen das Haus, das erst ab 1900 eine Jungenschule, dann Feuerwehrgerätehaus und Kühlhaus, Raum für Mietwohnungen, zuletzt von 1994 bis 2008 eine Arztpraxis war. Der langjährige Münstermaifelder Briefträger Willi Kirchesch hat den größten Teil der Sammlungsbestände als Dauerleihgabe überlassen. Er hatte das alles aus Haushalts- und Geschäftsauflösungen zusammengetragen, vieles war als Geschenk dazugekommen. Manche waren wohl froh, dass da einer hortete, was sie einfach loswerden wollten.

Dazu kommen Dokumente aus der Uersfelder Dorfgeschichte: Bis 1968 wurde am Ortsrand im bis zu 180 Meter tiefen Untertagebau Schwerspat (das Mineral Baryt) gebrochen und sogar mit einer Seilbahn nach Höchstberg hinauf zum Verladebahnhof transportiert. Die Erinnerung an die Montanhistorie des 700-Einwohner-Dorfes wird so ebenfalls im Nostalgikum lebendig gehalten.

Andreas Daniels, seit 1994 Ortsbürgermeister von Uersfeld und einst Leiter der Poststelle im Dorf, steht hinter der Holzschranke, die seinen früheren Arbeitsplatz vom Publikumsbereich trennte. Die Uersfelder Annahmestelle für Schreiben, Pakete und die Vermittlung von „Ferngesprächen“ ist Eins zu Eins in einem der Räume des Nostalgikums nachgebaut, inklusive des Bakalit-Münztelefons. Für den Ferngesprächsteilnehmer, der es nutzen wollte, galt, was an der Wand angeschlagen steht: „Fasse Dich kurz!“

Authentisch nachgebaut sind auch andere Räume und Szenarien für die „Zeitreise“ dank des originalen Inventars. Etwa der Dorffriseur, ein „Tante -Emma-Laden“ oder ein Klassenraum der Dorfschule. Wert gelegt wird dabei auf das Typische neben dem Anekdotischen: So sah es eben beim Friseur in den Dörfern aus. Mit der aufgeheizten Klammer wurden da die Locken gedreht.

Neugierig nehmen Hanneke und Emma Platz hinter dem Holzklapptisch ihrer Schulbank. Die Erstklässler von heute sitzen an dem Schulmöbelmodell, an dem vermutlich andernorts noch ihre Großeltern pauken mussten. „Genauso war es bei und damals in Andel“, so Manfred, Jahrgang 1953, am Tisch nebenan. „Auch wir hatten im Klassenzimmer den alten Ofen, der den Raum heizte“. Und schon entspinnt sich die nächste muntere Gesprächsrunde, jetzt zum Thema Schulzeit anno dazumal. 

Danach geht es etwa vorbei an einem Badezimmer aus den 1950er/60er Jahren, wo die Wäsche zum Trocknen am Gummiseil über der Badewanne hängt. Eine der in den Schauräumen aufgestellten und zeittypisch eingekleideten Schaufensterpuppen – Beispiel: Kittelschürze – trägt hier in der weiblichen Variante überraschend weiße „Reizwäsche“, wie man es damals nannte.

Im Obergeschoss des Gebäudes knubbeln sich auf engstem Raum originalgetreue alte Handwerkerwerkstätten: Der Dorfschuster hat seine Leisten, oder auch Exemplare des einst bei den Kindern beliebten Comic-Sammelheftes „Lurchi“ des Schuhherstellers Salamander ausgelegt. In einer Ecke des alten Dachstuhls trägt eine Dame ein buntes Sommerkleid. Sie sitzt im Liegestuhl, die Sonnenbrille schützt. Symbol für den Urlaub in anderen Gefilden. Die Nachkriegszeit war die Zeit, in der man als Zeichen ersten neuen Wohlstands mit dem „Käfer“ über den Brenner nach Italien fuhr. Ins Sehnsuchtsland Nummer 1.

Auch die Werkzeuge des Malermeisters – es wurde mit „Röllchen“ geweißelt, Tapeten waren noch Luxus, oder die vielen großen und kleinen Handbohrer des Sattlers und Stellmachers sorgen hier für das unverwechselbare authentische Flair im Nostalgikum.

Im Erdgeschoss, direkt neben der Museumskasse, ist dann eine Sammlung alten Spielzeugs zu finden. „Vieles wurde damals mit Federn aufgezogen, was heute mit Batterien oder Akku betrieben wird“, so Andreas Daniels. Und Manches, was damals ein Bestseller der Kinderliteratur war, wäre heute problematisch: Den „Struwwelpeter“ mit seinen moralisierenden Bildergeschichten vom „Zappel-Philipp“ oder dem „Hans Guck-in-die-Luft“ würde man heute kaum noch zur kindlichen Bildungsarbeit empfehlen.

Im Nostalgikum von Uersfeld kann man über das Buch diskutieren. Dieses kleine, reiche regionalgeschichtliche Museum des Alltags wird durch die Gespräche, die es unter seinen Besuchern immer wieder auslöst, lebendig. Mehr kann man von einem Museum nicht erwarten.

In der ganz aktuellen Ausgabe 01/2024 finden Sie diesen tollen Bericht über das EIFEL Ausflugsziel Nostalgikum! Außerdem erwartet Sie dort wieder eine bunte Themenvielfalt - von Land und Leuten, Gastgebern und Genuss, Erfolgen in der Eifel, Aktuelles aus der Region u.v.m. Im Eifel hautnah - Das Magazin finden Sie immer wieder Portraits unserer Mitgliedsbetriebe der Regionalmarke EIFEL.

INFO:
Nostalgikum Uersfeld, Lindenstraße 1, 56767 Uersfeld.
Telefon: 02657-940113, touristik@oberes-elztal.de
Geöffnet April bis Oktober, jeden Dienstag, Donnerstag und Sonntag von 14 bis 17.30 Uhr (Einlass bis 17 Uhr). Sondertermine für Gruppen nach telefonischer Vereinbarung.

Quelle: Eifel hautnah - Das Magazin
Autor: Stefan Lieser
Fotos: Stefan Lieser

Foto (Stefan Lieser): Einblick in das EIFEL Ausflugsziel Nostalgikum Uersfeld
Foto (Stefan Lieser): Einblick in das EIFEL Ausflugsziel Nostalgikum Uersfeld
Foto (Stefan Lieser): Einblick in das EIFEL Ausflugsziel Nostalgikum Uersfeld
Foto (Stefan Lieser): Einblick in das Klassenzimmer von früher
Foto (Stefan Lieser): Litfasssäule in Uersfeld
Foto (Stefan Lieser): Einblick in das EIFEL Ausflugsziel Nostalgikum Uersfeld
Foto (Stefan Lieser): Musikbox im Nolstalgikum Uersfeld